Landjugend mit eigener Ortsgruppe in Rambin aktiv

Von Morten Hübbe
Übernommen mit freundlicher Genehmigung von katapult-mv.de

In 15 Ortsgruppen in Meck-Vorp engagiert sich die Landjugend für die Interessen von Kindern und Jugendlichen im ländlichen Raum. Wo schnelles Internet und regelmäßige Busse fehlen, finden die „Lajus“ kreative Möglichkeiten, ihr Landleben zu gestalten. Unser Autor Morten Hübbe hat sich die neueste Laju-Gruppe in Rambin auf Rügen einmal genauer angeschaut.

Die Laju-Gruppe in Rambin auf Rügen (Foto: M. Hübbe)

Im Vereinsheim Rambin auf Rügen geht es geschäftig zu. Etwa dreißig Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren wuseln um eine lange Tafel. Pinsel und Farbe, Pappe und Krepppapier sind darauf verteilt. In einer Ecke liegt Jannis auf zwei Stühlen. Maria Schwebke beugt sich über den Sechsjährigen und klebt schmale Streifen einer Gipsbinde auf sein Gesicht. Gemeinsam mit Katrin Harder hat sie am vergangenen Samstag zum Halloweenbasteln eingeladen. „Heute ist unser Herbstfeuer mit der Freiwilligen Feuerwehr. Wir dachten, das passt gut, wenn wir vorher Laternen basteln und dann mit den Kindern und der Feuerwehr durchs Dorf ziehen“, sagt Schwebke.

Zwischen klackenden Scheren und plappernden Kindermündern spielt Musik aus einem tragbaren Lautsprecher. Der Raum ist auf angenehme Art mit Geräuschen erfüllt. Nicht zu laut und nicht zu ernst. Katrin Harder zieht Lampionrohlinge aus einer Kiste und drückt sie zwei Neuankömmlingen in die Hand.

„Wir haben bestimmt 60 oder 70 Kinder in der Gemeinde“, sagt Harder, aber bisher fehle es an Angeboten. Die gebe es zwar für Senioren und auch für Jugendliche und Erwachsene, wie die freiwillige Feuerwehr und den Fußballverein, aber eben nicht für die Kinder. „Wenn wir mal auf den Fußballplatz gehen, zack, sind da ganz viele Kinder“, berichtet Harder. „Die treffen sich alle, die haben Lust, etwas zu machen. Und wir fanden, dass wir etwas mit ihnen starten sollten.“

Ortsgruppen für eine lebenswerte Heimat

Die Kinder vom Fußballplatz sind auch jetzt im Vereinsheim. Sie tragen Trikots der deutschen und der portugiesischen Nationalmannschaft. Dazu Gummistiefel, Pullover, Jeans – die Alltagskleidung im ländlichen Raum. Sie kleben Fledermäuse, Geister und Katzenbuckel aus schwarzem Pappkarton auf ihre Laternen und manchmal schmücken Wackelaugen die gruseligen Figuren.

Schwebke und Harder engagieren sich für die Landjugend MV. In Rambin haben sie 2020 die jüngste von bisher 15 Ortsgruppen gegründet und organisieren bereits ihre dritte Veranstaltung. „Wir sind über einen zufälligen Kontakt zur Landjugend gekommen“, erzählt Schwebke. Dort habe man sie schnell aufgenommen und darin bestärkt und unterstützt, eigene Ideen umzusetzen. „Wir sagen, was wir gern machen möchten, und die Landjugend druckt für uns Flyer und stellt Materialien zur Verfügung. Das macht es für uns einfach und angenehm“, schwärmt Harder und lacht: „Wir müssen uns nur darum kümmern, dass die Kinder rankommen.“

So wie Harder und Schwebke engagieren sich etwa 600 Mitglieder im Landjugendverband Mecklenburg-Vorpommern, der sich selbst als Interessenvertretung junger Menschen im ländlichen Raum versteht. Heimat ist ein zentraler Begriff. Lebenswert soll sie sein und zum Bleiben einladen. Junge Menschen sollen mitgestalten können, Selbstwirksamkeit erfahren und eigene Zukunftsperspektiven schaffen. Auch dort, wo nur zweimal täglich der Bus hält.

Dafür unterstützt der Landjugendverband vor Ort, aber auch mit eigenen Landesveranstaltungen. Grundsätzlich gehe es um die Attraktivität des ländlichen Raums, erklärt Anne Glamann, Agrarreferentin der Landjugend MV. Die Veranstaltungen der Ortsgruppen reichen vom Halloweenbasteln, wie gerade in Rambin, bis zu Dorferneuerungen und Umzügen. Gerade zu Beginn, betont Glamann, unterstützte der Landjugendverband neue Ortsgruppen auch im Hintergrund intensiv. Das Ziel sei jedoch, dass Ortsgruppen selbständig und eigenverantwortlich arbeiten.

Politische Teilhabe als Herausforderung

Finanziert durch Fördermittel vom Land, Spenden und erwirtschaftete Eigenmittel arbeitet der Landjugendverband mit Berufs- und Fachschulen in Meck-Vorp zusammen, um die sogenannten grünen Berufe, wie Agrar- und Forstwirt, zu stärken, organisiert fachliche Fahrten zu Landwirtschaftsbetrieben, Weiterbildungen und Arbeitskreise, aber auch Jugendreisen und Freizeitfahrten. Er bestellt Fachreferenten, liefert Material und finanzielle Mittel an Ortsgruppen. Das „Tag am Meer“-Festival gehört zu den Höhepunkten des jährlichen Veranstaltungskalenders. Am Strand von Prora auf Rügen wird im Sommer mit DJs aus Meck-Vorp sowie nationalen und internationalen Künstlern gefeiert.

Immer geht es darum, den ländlichen Raum aktiv zu gestalten. Jedes Fußballturnier, jede Veranstaltung einer Ortsgruppe trage ein Stück zur Regionalentwicklung bei, heißt es aus dem Landjugendverband. Jedes Engagement sei auch politisch, denn es verbessere nachhaltig die Lebensqualität auf dem Land.

Der Landjugendverband Mecklenburg-Vorpommern bildet gemeinsam mit 17 weiteren Landjugendverbänden den Bund der Deutschen Landjugend (BDL). Es ist der größte deutsche Jugendverband im ländlichen Raum mit bundesweit etwa 100.000 Mitgliedern im Alter zwischen 15 und 35 Jahren. Der Verband versteht sich als überkonfessionell, parteipolitisch ungebunden, und engagiert sich besonders in der Agrar- und Jugendpolitik. „Mit unseren Delegierten arbeiten wir auf Bundesebene an der Entwicklung von Positionspapieren“, erklärt Referentin Glamann. „Hier im Land haben wir Ministergespräche mit dem Landwirtschaftsminister Till Backhaus.“ Doch die politische Mitgestaltung ist nicht leicht. Gerade in der Jugendarbeit finde der Landjugendverband wenig Gehör, so Glamann, die auch auf schwierige und unzureichende Förderungen verweist.

Nichtsdestotrotz ist die politische Arbeit wichtig. „Es geht darum, junge Menschen im ländlichen Raum sichtbar und hörbar zu machen“, sagt Kathrin Muus, Vorsitzende der paritätisch besetzten Doppelspitze des BDL. „Das Problem ist oft, dass Politik in den Städten gemacht wird. Die Leute vergessen, wie es auf dem Land aussieht, wo das Internet ein großes Problem ist, wo die Wege lang sind, wo viele Leute sich vielleicht beteiligen wollen, aber nicht können, weil die Busse nicht fahren und die Menschen nicht da hinkommen, wo sie hinmüssten“, führt sie weiter aus.

Landjugend lebt vom Ehrenamt

An der Basis sorgen die Ortsgruppen dagegen für ausgezeichnete Stimmung. In Rambin springt Jannis mit einem weißen Gipsgesicht auf und läuft zu einem Freund, der bereits angefangen hat, seine eigene Maske mit roter und schwarzer Farbe zu bemalen. „Für unser Laternenbasteln haben wir neben den Materialien sogar ein Budget von der Landjugend bekommen, um Getränke und Knabbereien für die Kinder zu kaufen“, erzählt Schwebke. Geisterchips und Schaumgummigebisse liegen neben Apfel- und Orangensaftpäckchen. Emil, ein Junge im Engelbert-Strauss-Outfit, steckt sich ein Schokoladenauge in den Mund. Ein paar Schritte entfernt beobachtet Andreas Klug die Bastelstunde. Als Bürgermeister der Gemeinde Rambin ist er begeistert vom vorgelebten Engagement. „Man kann nicht immer nur meckern, man muss auch machen“, sagt er und fügt mit Blick auf Schwebke und Harder hinzu: „Die beiden verstehen es, Dinge in die Hand zu nehmen.“ Überhaupt sei ehrenamtlicher Einsatz nicht genug zu loben, so Klug.

Mittlerweile sind bereits viele Laternen gebastelt und in einigen leuchten schon kleine Lichter. „Ich bin total begeistert, dass so viele Kinder hier sind“, freut sich Schwebke. „Alle haben Spaß und freuen sich auf den Umzug mit den selbstgebastelten Laternen.“ Am Abend prasselt ein riesiges Herbstfeuer neben dem Fußballplatz, doch die meiste Aufmerksamkeit gehört den Kindern mit ihren Laternen, die gemeinsam mit der freiwilligen Feuerwehr den Weg hierher begleitet haben.